Von der „Sterneköchin in den Startlöchern“ zur „Anführerin der Sterne“: Julia Komp is back in town
Foto: Melanie Bauer
Lange schien es, als habe Julia Komp in den Startlöchern gestanden, bereit, Köln und der Welt zu zeigen, was kulinarisch in ihr steckt. „Ich will endlich Gas geben“, hatte sie mir bei unserer ersten Begegnung erzählt, damals im Lockdown im Restaurant Lokschuppen in Mülheim. Ein Jahr später sehen wir uns wieder, diesmal in ihrem neu eröffneten Restaurant Sahila in der Kölner Innenstadt. Und während Julia ihre Gäste begrüßt und ich das authentisch marokkanische Interieur bewundere, wird mir plötzlich klar: Julia nie etwas anderes getan, als Gas zu geben.
Nicht nur, dass sie mit 27 Jahren ihren ersten Michelinstern erhielt und damit zu Deutschland jüngster Sterneköchin avancierte. Sie gab die höchste gastronomische Auszeichnung bald darauf wieder auf, um sich per Weltreise um den Globus zu kochen, und insbesondere die authentische Küche Europas, Asiens und des Orients zu studieren. „Mir war damals klar, dass ich viel zu jung war, um zu glauben, dass ich schon ausgelernt hätte. Wenn man große Ziele hat, dann muss man auch etwas dafür tun“, sagt die „Köchin des Jahres 2020“ selbst über diese Zeit. Nach 14 Monaten kehrte Julia mit zahlreichen Rezepten, einem sterneverdächtigen Restaurantkonzept und einem klaren Ziel zurück in die Domstadt. Dann kam Corona. Doch während die Pandemie das Restaurant „Lokschuppen“ völlig ausbremste, erfand Julia sich ständig neu: Sie bot Online-Tee-Tastings an, kreierte ihr eigenes Olivenöl und schrieb ein Kochbuch, inspiriert von ihrer Weltreise. Und dann gelang Julia in der Pandemie das schier außergewöhnliche: Sie eröffnete ein neues Restaurant, genau genommen sogar zwei.
In den einstigen Räumen des L’Accento in der Kölner Innenstadt finden sich nun zwei Konzepte unter einem Dach: rechts die Mezzebar Yu*lia, links das Fine-Dining-Restaurant Sahila, was übersetzt so viel bedeutet wie „Anführerin der Sterne“. Eine klare Ansage, denn sterneverdächtig sind Küche und Konzept allemal: Jedes Menü nimmt die Gäste mit auf Weltreise. Aktuell (die Karte im Sahila wechselt alle sechs Wochen) fällt der Startschuss bei einem Amuse in Thailand, zur Vorspeise reist man dann in einen marokkanischen Rosengarten, ehe es weiter nach Tunesien für den Zwischengang geht. Im Hauptgang dann die Qual der Wahl: Kingfisch aus Kambodscha, Oktopus aus Peru oder Rinderfilet aus Spanien? Krönender Abschluss: die Desserts aus Japan und Indien.
Wer nach zwei Jahren Pandemie für Fernreisen noch nicht bereit ist, dem sei die Mezzebar Yu*lia ans Herz gelegt: Auf großen authentisch marokkanischen Tabletts werden hier Vorspeisen aus Marokko, Tunesien, dem Libanon, der Türkei und Griechenland angeboten, die man in geselliger Runde teilen und genießen kann.
Um die Mezzebar, die Julia übrigens mit ihrem Lebensgefährten Yunus Özananar eröffnet, so authentisch wie möglich zu gestalten, reiste sie während der Renovierung persönlich nach Marokko. „Wir sind jeden Tag rund 15 Kilometer durch Medina gelaufen, um alles selbst auszusuchen und einzukaufen“, erzählt Julia. Zurück kam das Paar mit 4 Transportcontainern Deko: darunter rund 650 handgefertigte Porzellanteller aus einem Projekt, das Frauenhäuser in Marokko unterstützt.
„Alles rechtzeitig fertig zu bekommen, war ein absoluter Kraftakt, zumal die Pandemie vieles zusätzlich erschwert hat: Die Transportcontainer hingen zwischenzeitlich an der Grenze fest, Handwerker sind aktuell absolute Mangelware“, erzählt Julia. Und man merkt, sie kann es selbst noch gar nicht fassen, was ihr mit dem Sahila nun gelungen ist. „Ich habe tatsächlich noch keine Minute gehabt, um einfach mal in meinem eigenen Restaurant zu sitzen und zu würdigen, was wir hier auf die Beine gestellt haben“, sagt sie.
Tatsächlich, diese Frau gibt immer Gas. Und sicher wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis Julia Komp in Köln tatsächlich „Anführerin der Sterne“ wird.